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Fischereirecht - Grund und Grenzen
von Dr. Oliver Freiburg
Das Fischereirecht gibt die Befugnis, in einem oberirdischen Gewässer Fische, Neunaugen und Krebse sowie Fluss-, Teich- und Perlmuscheln zu hegen, zu fangen und sich anzueignen, Art. 1 Abs. 1 Satz 1 BayFiG. Das Fischereirecht fällt in den Schutzbereich des Art. 14 Grundgesetz, der das Eigentum schützt. Es ist ein eigentumsgleiches Recht und damit ein Freiheitsrecht. Das heißt aber nicht, dass der Fischereiberechtigte die volle Befugnis eines Sacheigentumers wie bei einer Sache oder Grundstück hätte, d.h. mit seinem Eigentum "nach Belieben verfahren und andere von jeder Einwirkung ausschließen" könnte (so aber § 903 Bürgerliches Gesetzbuch = BGB für das zivilrechtliche Volleigentum an einer Sache oder an einem Grundstück). Das Fischereirecht ist nicht zu verwechseln mit dem Grundstücks- oder Gewässereigentum. Es steht neben dem Grundstücks- und Gewässereigentum und muss nicht mit diesen weiteren Eigentumsformen zusammenfallen. So ist die Mainfischereigemeinschaft nicht etwa Eigentümeren des Flussbettes oder der Anliegergrundstücke. Diese sind meistens in der Hand des Staates oder ausnahmsweise in privater Hand, wobei der Staat aus Gründen der Gewässerbewirtschaftung und auch zum Schutz der Gewässer vor der Landwirtschaft darum bemüht ist, Gewässer- und Ufergrundstücke - z.B. aufgrund von Vorkaufsrechten - in seine Hand zu bekommen.
Das den Kern des Fischereirechts ausmachende Aneignungsrecht hat zum Inhalt, die im Main schwimmenden Fische, die herrenlos sind, d.h. bis zu ihrem Fang in keinem Eigentum stehen, durch Fang in Besitz zu nehmen. Im Moment der Inbesitznahme wird der Fischereiberechtige Eigentümer des Fisches, § 958 Abs. 1 BGB. Das Eigentum wird jedoch nicht erworben, wenn die Aneignung gesetzlich verboten ist, § 958 Abs. 2 BGB. "Gesetz" in diesem Sinne kann auch eine Rechtsverodnung sein. Ein solches Gesetz ist also auch die AVBayFiG, die insbesondere der Angelfischerei Schranken auferlegt.
Das Fischereirecht umschließt die Pflicht zur Hege - kein Recht ohne Pflicht, Art. 1 Abs. 1 Satz 1 BayFiG. Unter "Hege" ist die Gesamtheit aller Bemühungen um die Erhaltung und Förderung eines lebensfähigen, ausgewogenen und den Gewässerverhältnissen angepassten Fischbestandes zu verstehen. Der Begriff schließt die Sorge für die im und am Wasser lebende Tier- und Pflanzenwelt ein, soweit diese für das Gewässer als Fischlebensraum von Bedeutung sind (Braun/Keiz, Fischereirecht in Bayern, Art. 1 FiG, Rn. 17 m.w.N.). Von zentraler Bedeutung für das Verständnis des BayFiG und die praktische Fischerei ist das Leitbild der Nachhaltigkeit, Art. 1 Abs. 3 Satz 1 BayFiG. "Nachhaltigkeit" meint, dass ein Naturgut nur in dem Maße genutzt werden darf, dass sein Bestand erhalten bleibt und auch gefördert wird - keine Freiheit ohne Verantwortung (Braun/Keiz, Fischereirecht in Bayern, Art. 1 FiG, Rn. 46 f.). Die nachhaltige Fischerei ist eine gesetzlich anerkannte Form der Nutzung des Fischbestandes mit gesellschaftlichem Gewicht und wirtschaftlicher Bedeutung, Art. 1 Abs. 3 Satz 2 BayFiG. Sie liegt im öffentlichen Interesse und ist ein die bayerische Kulturlandschaft mitprägendes Kulturgut, das es zu erhalten und zu fördern gilt, Art. 1 Abs. 4 BayFiG. Der Freistaat Bayern ist ein Rechts-, Kultur- und Sozialstaat, Art. 3 Abs. 1 Satz 1 Bayerische Verfassung (BV). Das kulturelle Leben und der Sport sind vom Staat und den Gemeinden zu fördern, Art. 140 Abs. 3 BV.
Verfassungsrechtlich begrenzt wird das Fischereirecht durch das ebenfalls verfassungsrechtlich verbürgte Recht auf den Genuß der Naturschönheiten und der Erholung in freier Natur und den Tierschutz. Nach Art 141 Abs 3 Satz 1 BV ist es jedermann gestattet, die Gewässer zu befahren. Dabei ist jedermann verpflichtet, mit der Natur und Landschaft pfleglich umzugehen, Art. 141 Abs. 3 Satz 2 BV. Staat und Gemeinden sind berechtigt und verpflichtet, der Allgemeinheit die Zugängen zu Seen, Flüssen und landschaftlichen Schlönheiten freizuhalten und allenfalls durch Einschränkungen des Eigentumsrechts freizumachen, Art. 141 Abs. 3 Satz 3 BV. Der Tierschutz ist seit 2002 in der Verfassung verankert (Art. 20a GG). Auch er begrenzt das Fischereirecht. Die Fischerei darf nur so ausgeübt werden, dass den Fischen nicht unnötige Leiden zugefügt werden.
Das Fischereirecht hat damit gleich zweifach verfassungsrechtlichem Rang. Es ist Freiheitsrecht und bayerisches Kulturgut. Es schließt andere aber nicht von der Benutzung des Gewässers aus. Das Aneignungsrecht darf auch nur in den Grenzen des Gesetzes ausgeübt werden. Mit dem Recht geht die Pflicht zur Hege einher. Das Aneignungsrecht und die Hegepflicht sind zwei Seiten derselben Medaille. Die Fischerei ist nachhaltig auszuüben, d.h. das genutzte Naturgut darf nicht zerstört oder abgewertet werden.